Vom sai:kollektiv | Illustration: © Anne Mee
Gestern war der 8. März, der internationale Frauen*kampftag! Im Sai-Kollektiv versammeln wir mit unseren Beiträgen verschiedene Perspektiven zu Themen, die uns wichtig sind. Alle, die möchten, können sich einbringen.
Feminismus ist uns wichtig, nicht nur am 8.März.
Wir schreiben deshalb über die Vulva, diskutieren über das Ende des Patriarchats, streiten über geschlechtergerechte Sprache , fragen nach dem männlichen Blick in der Kunst und fordern feministische Pornos für alle. Eine Sammlung der feministischen Beiträge findest du hier: https://sai-magazin.de/tag/feminismus/.
Für den feministischen Kampftag geben nun einige Stimmen des sai-Kollektivs kreative Impulsen und zeigen, was sie so beschäftigt:
Für uns bedeutet der 8. März, dass unterschiedliche feministische Stimmen an diesem Tag zusammenkommen und ihren Protest auf die Straße oder auf Papier bringen. Besonders die meist unsichtbar gemachte Fürsorgearbeit wird zum größten Teil von weiblich gelesenen Menschen verrichtet und das meist unbezahlt. Diese Auseinandersetzungen mit Themen wie der Care-Arbeit sollen Raum bekommen am Frauen*kampftag. Dabei müssen die Probleme intersektional betrachtet werden, damit wir ihre Unterschiede und Gemeinsamkeiten solidarisch miteinander ausfechten. In dem breiten Spektrum der feministischen Kämpfe liegen auch ihre Stärken.
„Was uns vereint, ist die Kraft unsere bezahlte und unbezahlte Arbeit niederzulegen. Denn ohne uns, steht die Welt still.“
– Anne Mee, Frieda Teller, Paul Stegemann
Karten auf den Tisch
Wir sitzen in der Zukunft an einem Holztisch und trinken Bier.
„Aber dann würden Frauen und Männer ja auch im Sport gegeneinander antreten, das wäre doch unfair,“ beschwerst du dich. Wir hatten Arschloch gespielt und ich diese Sache mit der Ungerechtigkeit, dass immer nur weiße Männer die höchste Karte im Spiel sind, erwähnt. Aber das wiederum störte dich, schließlich studierst du einen sozialen Beruf und da sind fast nur Frauen. Oft bist du sogar der einzige Mann im Raum, außer dem Professor vielleicht. Trotzdem gibt es nur eine Frauenbeauftragte an der Hochschule. „Und für die Männer?“, fragst du in die Runde, nicht mich. „Und Feuerwehrmänner, Polizisten und Soldaten – sind auch fast nur Männer. Das ist doch keine Geschlechtergleichheit“, stellst du fest und in Teilen gebe ich dir schon recht.
Aber es ist laut in der Bar und ein später Samstagabend, vielleicht nicht der Moment, um auf den riesigen anderen Teil, der mich innerlich wütend macht, zu reagieren. Weil da doch dieser stachelige Unterschied zwischen Struktur und individueller Erfahrung ist. Denn du als Mensch kannst irgendwo in der Minderheit sein und trotzdem damit gesellschaftlich genau zu dieser Gruppe gehören, die Macht hat, die Normen definiert und andere unterdrückt. Und es ist auch gar nicht so leicht das biologische Geschlecht und das soziale Geschlecht zuzuordnen und die Auswirkungen davon können minimal bis gigantisch groß sein, wie Geschlechtsorgane eben auch.
Nein, ich will dir nicht von Gleichheits- und Differenzfeminismus erzählen, sondern davon, dass als Frauen erzogene Menschen, viel weniger sportlich gefördert werden. Sie stattdessen beigebracht bekommen, sich zu kümmern, soziale Arbeiten zu leisten, unbezahlt. Im Jahr 2020 muss ich das noch erklären, ich gebe zu, ich hatte mir die Zukunft anders vorgestellt.
„Spielen wir noch eine Runde?“ fragt jemand.
Aber was würdest du antworten, wenn ich dich fragen würde, was ein Mann ist?
Was macht den Unterschied zwischen Mann und Frau?
Was bedeutet es, ein Mann zu sein?
Später in der Zukunft laufe ich nach Hause. Es ist zu dunkel um den Menschen, die vorbeilaufen, ein Geschlecht zuzuordnen. Es ist zu spät, um dir davon zu erzählen. Mir fällt ein, dass bei Ultimate-Frisbee alle Geschlechter zusammen und gegeneinander spielen.
Ich frage mich, worum es in solchen Diskussionen eigentlich geht:
Was fühlst du, wenn du der einzige männlich gelesene Mensch im Raum bist?
Was macht es mit dir, wenn die Königin, die höchste Karte im Spiel ist* oder Frauen gegen Männer boxen?
Und warum?
– Frieda Teller
*Spoiler: Es gibt übrigens „Das bunte Deck“, dessen wunderschöne Karten versuchen, selbstverständlich erscheinende Geschlechterhierarchien spielerisch zu ändern.
Hier stand noch ein weiterer Beitrag. Dieser wurde auf Wunsch der Autorin entfernt.
Feminismus für guten Sex
Wie schön muss es sein,
schön zu sein aber ein Mann,
wie scheußlich sind die dummen Kommentare
der dauernde Unterschied zwischen Mann und Frau
und dem was du sagt was Mann kann und Frau bekommt,
weil sie Frau ist.
Was ist mit allem dazwischen,
warum kann ich dich nicht küssen,
warum kann ich meine Arm nicht um dich legen,
wie du um mich,
warum wäre das verwegen, verquer,
ungemütlich von ungefähr
und plötzlich und sowieso zu viel.
Warum kann ich zu viel reden,
warum kann meine Stimme dich nerven
und warum muss ich auf mich achten?
Warum achtest du nicht einfach auf dich,
darauf wo du ihn reinsteckst –
nämlich nicht in mich,
und alle sind zufrieden,
weil alle endlich kriegen,
was sie wollen.
Du kannst aufhören dich so anzustrengen,
ich kann aufhören immerzu beleidigt und verletzt zu sein.
Dann kann ich endlich wütend werden
muss das alles hier nicht mehr verbergen,
dann können wir guten Sex haben
und befreundet sein,
ohne diesen ganzen Schein,
wann sind wir beide endlich frei –
von Angst und Schmerz und dummer Scham?
– Aissata Drieling