von Lena Whooo
Wie Motten sind wir
in der Luft hängend, flatternd
was das Ziel betrifft; wirr.
Wie Motten fliegen wir
dem Licht entgegen, unreflektiert
geblendet von eingefärbtem Papier
fliegen wir wie Motten
dem Geld hinterher
ohne zu erkennen, was bloß mit uns wär‘
würden wir uns einfach Nachtfalter nennen;
Würden wir unser Potential erkennen?
Und uns schätzen – gegenseitig –
für unsere Arten und Weisen – so vielfältig –
und aufhören
einfach aufhören
uns zu vergleichen
mit unsinnigen Dingen
oder gar Schmetterlingen;
weil wir nicht merken, dass wir Ihnen gleichen.
Die Nacht war jung, ihre Seele alt. Sie hatte sich gerade auf ihren Sessel niedergelassen; die Fenster geöffnet. Erschöpft fühlte sie sich. Zu viel Arbeit; zu wenig Geld. Als sie sich in die weiche Sitzgarnitur schmiegte, verging ihr die Lust – Leute zu sehen, rauszugehen, geschweige denn anzufangen. Dabei war das der Grund für ihr Erscheinen. Nicht umsonst suchte sie sich stets die Nächte zum Arbeiten aus. Die Nacht ist ertragreich. Die Nacht ist still und schön.
Sie überlegte einen Moment lang, ob Musik ihre Stimmung, ihre Inspiration beeinflussen würde. Sie wusste es nicht, es war ihr auch egal. Sie hatte keine Lust; keine Lust auf nichts und somit starrte sie; ihren Blick traf leeren Gedankens die Wand.
Sie hasste es – nun einfach da zu sitzen. Die leere Wand widerte sie an, erinnerte sie an sich selbst – so leer, so blank und brüchig fühlte sie sich. Der Anblick der kalten, weißen Wand wurde schon bald unerträglich, sodass sie nicht unterscheiden konnte, ob sich ihre Augen aus Erschöpfung oder aus enttäuschendem Frust schlossen.
Automatisch lauschte sie in die Leere hinein, hörte einen lauten Seufzer; ganz von ihr ausgehend. Auch das leise Rauschen der Heizkörper hinter ihr und das Surren der Leuchtstoffröhren über ihr vernahm sie in ihrem erschöpften Delirium.
Und plötzlich – völlig unerwartet – ertönte ein weiteres Geräusch. Ein Flattern beinahe. Ungleichmäßig, irgendwie verzweifelt klingend. Links, oder doch rechts hinter ihr? Schlagartig öffneten sich ihre Augen, als hätte ihre Sehkraft ihre auditiven Sinne verstärken können. Beinahe schlagartig fuhr sie mit dem Kopf herum, schaute hinter sich, über ihre Sessellehne hinaus, den Blick auf die Fensterbank gerichtet. Ein Schatten schien sich hinter einer bunten Glasscheibe zu bewegen, unkontrolliert; flattrig. Sie beugte sich vor, schob die gelbe Glasscheibe zur Seite und betrachtete ihre Entdeckung.
Noch ein Seufzer; Nichts was ihre Aufmerksamkeit gehalten, geschweige denn verdient hätte, dachte sie. Ihr Kopf legte sich schräg zur Seite. Das unkoordinierte Zucken vermittelte ihr den Eindruck, dass es an der Zeit war; an der Zeit zu gehen. Sie würde heute sowieso nichts schaffen; sich weder produktiver, kreativer oder besser fühlen. Also wollte sie erst recht keiner Motte beim Sterben zusehen! Es reichte ihr; genug der Negativität und des Selbstmitleids. Sie schließlich war keine Motte – sie war keinem vielversprechenden Licht gefolgt und nun verreckend auf der Fensterbank eines Ateliers gelandet.
„Aber…“, kam ihr der Gedanke, „einen Schmetterling hätte ich versucht zu bewahren.“ Die Motte schlug ihren letzten Flügelschlag als die Ateliertür laut ins Schloss fiel.