08: Ich heil‘ mich für dich – Abschied ohne Beerdigung in Zeiten von Corona

Text und Bilder: ©Lena Whooo

Es fällt mir schwer von dir zu reden
fühlt sich an wie interne Erdbeben,
als wollte man mir noch einen weiteren
Boden unter den Füßen wegzerreißen.

Und doch hilft schweigen nichts
Ich muss mir sagen wie es ist.
Es ist schmerzhaft, denn wir beide
Kannten uns echt nur ‘ne Weile.

Und trotzdem beteuerten wir zwei
Dass das mit uns was Krasses sei;
Fühlten uns verbunden, teilten vieles
Wie Optimismus und Spirituelles.

Besonders eines, das klingt nach –
„… es brauchte Berlin, doch jetzt bin ich wach.
Ja echt, von Heilung weiß ich wirklich viel
Weshalb ich dazu was machen will!“

Darüber plauderten wir dann Stunden
Gingen dabei schon mentale Runden
Durch dein erdachtes Heilungsfest –
Planten ohne, dass uns jemand stresst.

Es fehlte uns der Titel noch;
„Healstival“ oder „Heilungstach“
Ganz so wichtig war das nicht –
Wichtiger – worüber man spricht.
Über Heilung und Prozesse nämlich
‘Positive Thinking‘ und Manifestation natürlich.
Wir hatten noch viel mehr zu reden,
doch hat es sich nun so ergeben,
dass wir uns nie mehr wiedersehen
das mit der Heilung so im Raume steht…

Jetzt fällt mir all das reichlich schwer
Our manifested Goal gibt’s so nicht mehr.
Oder zumindest nicht für mich
Weil du für mich die Wurzel bist…

Und trotzdem muss dein Wort nach draußen,
muss das Innere nach außen –
so wie wir es uns einst erdachten,
dass Menschen tiefe Erfahrungen machen,
die reflektieren und überdenken
und sich selbst danach zum Lachen verrenken;
So wie deines stets den Flur erstrahlte
Vor allem wenn ich eifrig malte
Und dann ein seichtes Klopfen
Mich leicht riss aus meinem Kopfe.
Und du dort standest; voller Freude
Von Schamanen und Peru erzähltest
Aufgelistet was Frau so bräuchte,
Und Mich damit als Vertraute wähltest,
Optimistisch von der Zukunft träumtest,
Kommt mir alles vor wie heute;
Scheiß auf Zeit ; wir waren Freunde!

Und wieder; wieder befinde ich mich am Ort der Erinnerung, versunken in Gedanken und meiner Emotionen beschämt. Als ob es etwas Schlimmes wäre, als ob ich mich jetzt schon dafür verurteilen würde. Nicht doch. So ist es nicht gemeint.

Ich befinde mich am Ort der Erinnerung, ich spür hier alles. Die erste Begegnung, das erste Grinsen. Das habe ich danach nie wieder vergessen, dein Lachen weißt du. Dein Lachen hat angesteckt. In Erinnerungen ist alles ganz klar; es ist kein Geheimnis gewesen, dass du neu warst. Also total neutral betrachtet. Ich wusste, du warst neu. Ich kenne hier mittlerweile alle – zumindest vom Sehen. Und dich, dich kannte ich nicht. Und das zweite, dritte, vierte Mal in dieser Woche habe ich dich hier auf meinem Flur gesehen; jetzt musste ich meine Neugierde stillen. Und daher das Grinsen. Ich hab‘ dir genau das erzählt, weißt du noch? Wir lachten beide über meine Stumpfheit, aber du hast dich darin wiedererkannt, hast mir gesteckt, dass du gestern schon „hallo“ sagen wolltest; jetzt wünschte ich mir nichts inniger, als dass du diesem Gefühl nachgegangen wärst.

Es wäre eine Erinnerung mehr – immerhin. Besser als die wenigen, die mir bleiben. Sie reichen nicht aus, weißt du? Reichen nicht aus, um ausreichend um dich zu trauern. Ich wünschte, wir hätten mehr geschafft, weißt du… Mehr Lachen, mehr reden, mehr Erinnerungen.

Vielleicht ist es aber auch gut so oder nicht? Denkst du nicht auch, dass es mir noch schwerer gefallen wär? Meinst du, dass ich sonst Tage lang anstelle von Stunden lang geweint hätte? Meinst du, dass ich alles dafür getan hätte, um deinem Abschied beizuwohnen, obwohl die Pandemie einen gemeinsamen Abschied verbat? Meinst du ich hätte sehen wollen, wie du wie ein Phönix aus deinem Feuerroten Schicksal emporsteigst, in die Freiheit, die du dir so innig so selig gewünscht hattest?

Ich kann es nicht sagen. Wirklich nicht. Aber im Endeffekt spür ich den Samen, den du in mir gesät hast und das reicht dir doch bestimmt sogar. Was du in mir hinterlassen hast, in der kurzen Zeit; unbeschreiblich und unglaublich wertvoll – zum Glück haben wir uns nicht verpasst; zum Glück wollten, mussten wir uns kennenlernen bevor du gingst. Ich bin mir sicher, du freust dich.

  1. Träne um Träne…
    Stiche tief ins Herz.
    Danke.
    Trotzdem oder gerade dafür.

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