Text: Jan Westermann und Jale Pakhuylu | Illustrationen: Elisa Pescaglini
In diesen Zeiten der Unsicherheit kann es helfen, sich kreativ und poetisch auszudrücken. Emotionen und Erlebnisse zu Papier zu bringen und mit anderen zu teilen. Daher gibt es jetzt dieses neue, kleine aber feine Projekt Poetry Weekly. Dabei wird jedes Gedicht von einer passenden Grafik begleitet. Es soll ein Raum sein, sich poetisch aber auch illustratorisch zu begegnen.
Alle begeisterten Menschen können uns gerne kontaktieren.
Großstadttristesse
Schweifender Blick über karge Landschaft
Aus der Ferne scheint sie noch so klein
Doch von ihr umgeben hüllt sie mich ein
Graue Fassaden begleiten mich bei jedem Schritt
Ich blicke sie an und sie schweigen zurück
Gewaltige Schlote rauchen in der Ferne;
neben mir ein Mann am Boden
Ein Schatten verfolgt mich im Vorübergehen
Und holt mich unter jeder Laterne wieder ein
Die Vorgärten der Bourgeoisie
Kühl hinter hohen Stäben
Die Straßen weit voll menschenleere
In mir nur Melancholie
Gedicht und Bild von Jan Westermann
(un)sichtbar
Ich sehe dich, sagst du,
während deine Augen dein Display fixieren.
Deine Worte schnüren mir die Kehle zu
Meine Mauern ziehen sich hoch, Stein um Stein
Aktiviert sich mein Lebenserhaltungsprogramm
Du siehst mich, sagst du
Doch zeige ich dir nur die leere Hülle, immer dann,
wenn du mal zu mir aufblickst.
Die dunklen Flecken meiner Seele, die Risse auf meinem Herzen,
die Brandnarben in meinen Erinnerungen,
retuschiere ich geschickt, meine Angst verhülle ich
dann mit lauten Worten.
Ich sehe dich, sagst du,
und ich will rennen vor dem Moment, an dem du mich ansiehst
und erkennst, dass ich nicht genug bin.
Ich sehe dich, sagst du
Und ich halte dir in Gedanken die Augen zu
Während meine – glasig und glitzernd – dich
nicht mehr sehen können.
Gedicht von Jale Pakhuylu